Wie die Zeit rennt. Gerade noch hielt ich meine Zwillingsbaby in den Armen, nun begann das erste Schuljahr meiner Zwillingsfrühchen. Geboren in Schwangerschaftswoche 28.0, mit Wochen des Aufenthaltes auf der Neonatologie, 1 ¾ Jahren Elternzeit und fünf Jahren Kitakindern, war es nun soweit. Ein neuer Lebensabschnitt sollte beginnen.

Altersgemäße Entwicklung?

Die Zwillingsherzdamen hatten in ihrer Entwicklung aufgeholt. Sowohl körperlich als auch geistig standen sie ihren AltersgenossInnen in nichts nach, der Frühchenstatus war kein Thema mehr. Nicht bei uns innerhalb der Familie und nicht bei den ErzieherInnen in der Kita. Der gängige Einschulungstest wies auf kurze Konzentrationsspannen hin, ein Phänomen welches bei Kindern nicht ungewöhnlich ist, bei Frühchen jedoch gehäuft beobachtet wird.

Alle anderen geprüften Aspekte der Sprachentwicklung, Motorik usw. entsprachen dem Entwicklungsstand gleichaltriger Kinder. Der Einschulung mit 6 ¾ Jahren stand nichts im Wege.

Die ganze Familie war aufgeregt. Ein neuer Lebensabschnitt begann und keiner von uns wusste, was in der Schulzeit auf uns zu kommen würde. Nach einer schönen, aber doch herausfordernden Einschulung,  über die ich hier bereits geschrieben habe, folgte unser neuer Schulalltag.

Die ersten Tage in der Schule

Wir hatten uns dazu entschieden die Kinder in verschiedene Klassen gehen zu lassen. Das Konkurrenzverhalten war groß, sie sollten sich individuell entwickeln und eigene Freundschaften schließen können. Bei dem Einschulungsantrag hatten wir wohlweislich je ein befreundetes Kind für die Klassenzusammensetzung angeben, so dass ein bekanntes Gesicht ihnen etwas Unsicherheit nehmen sollte.

Jeden Abend packten wir gemeinsam die Schulranzen und begleiteten die Zwillingsherzdamen bis zum Schuleingangstor. Dort wurden die Zwillinge von den Zweitklässlern empfangen und in ihre Klassenräume geführt. Die Klassenräume waren direkt gegenüber, so dass sich die Zwillinge bei Bedarf in den Pausen sehen konnten. Holten wir die Kinder nach dem Unterricht ab, rannten sie uns freudestrahlend entgegen und erzählten, erzählten, erzählten. Es dauerte keine zwei Wochen und das frühe Aufstehen, die vielen neuen Eindrücke, machten sich bemerkbar. Die Kinder schliefen immer früher am Abend ein.

Die ersten Wochen und Monate

Mit jedem Tag legte sich die Aufregung mehr und der organisatorische Schulstress begann. Lese- und Schreibübungen nach dem Unterricht, Zettel über Zettel mit Informationen und Terminen zur Unterschrift. Die Nachmittage füllten sich schnell. Die Zeiten des entspannten Zusammenseins auf dem Spielplatz oder zu Hause beim Spielen wurden gefühlt immer kürzer.

Die Zwillingsherzdamen hatten viele Eindrücke zu verarbeiten, deutlich mehr Kinderkontakte am Tag mit Kindern von sechs bis zwölf Jahren, große Lautstärke, Orientierung in neuen Räumlichkeiten, Bindungsaufbau zu LehrerInnen und ErzieherInnen. Dazu deutlich längere Phasen des Sitzens und Zuhörens, längere Phasen der Konzentration. An unseren Kindern ging dies nicht spurlos vorbei. Sie hatten mit ihrem neuen Lebensabschnitt und sich selbst zu tun. Wir redeten viel, gaben ihnen bewusst so viel Freizeit, so wenig außerunterrichtliche Aktivitäten wie möglich. Sie sollten Zeit haben für das eigene Spiel, ruhige Momente, eigene Kreativität oder nur einfach zur Erholung.

Plötzlich war alles zeitlich getaktet, jeder Tag brachte neue Hausaufgaben mit sich, Termine und ToDos, vielen an. Wohlweislich hatte ich mich entschieden die ersten Monate meine Arbeitszeit zu reduzieren, damit ich die Kinder gut auffangen konnte, sie mit ihren neuen Aufgaben begleiten konnte.

Tatsächlich hat es ca. sechs Monate gedauert, bis sie, und damit auch wir, in diesem neuen Alltag wirklich angekommen waren.

Teilleistungs- und Konzentrationsstörungen

Die Zwillingsherzdamen hatten also viele Neuerungen zu verarbeiten. Was zunächst in den Hintergrund rückte, war wie gut oder schlecht sie den Lernstoff innerhalb der Schule bewältigten. Bereits nach ein paar Wochen lag bei jedem Kind vollkommen unerwartet ein Zettel in der Postmappe – Einladung zum Förderunterricht in Mathe. Förderunterricht in der ersten Klasse? Ich war verunsichert. Wir stimmten zu und baten um ein Gespräch.

Die jeweiligen LehrerInnen informierten uns, dass beide Zwillingsherzdamen sowohl nur kurze Konzentrationsspannen hatten, oft sehr müde waren und gerade in Mathe mit den Aufgaben überfordert. Zu diesem Zeitpunkt wurde das erste Mal der Verdacht auf eine Teilleistungsstörung in Mathe oder in Fachsprache „Dyskalkulie“ ausgesprochen. Wir hatten uns vorab bereits etwas informiert und wussten, dass bei zu früh geborenen Kindern Lernstörungen, ob nun beim Lesen, Schreiben oder Rechnen, in verschiedenem Ausmaß auftreten können.

Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, schrieben wir einmal, und ebendies war zu Beginn des ersten Schuljahres der Aspekt den ich im Gespräch anführte. Wir beschlossen gemeinsam mit den LehrerInnen, die Kinder im Hinblick auf ihre mathematischen Fähigkeiten weiter im Auge zu behalten, Ihnen jedoch auch etwas Zeit zu geben, um die neuen Eindrücke zu verarbeiten. Da Förderung jedoch aus meiner Sicht nie schaden kann, nahmen sie von da an am wöchentlichen Förderunterricht teil.

Die Sorge, dass die Kinder damit ein Problem haben würden, bestätigte sich zu diesem Zeitpunkt glücklicherweise nicht. Auch andere KlassenkameradInnen nahmen am Förderunterricht teil, so dass sie sich nicht als Außenseiter betrachteten. Glücklicherweise gingen und gehen die Zwillingsherzdamen weiterhin sehr gerne in die Schule.

Tatsächlich zeigte sich mit der Zeit, dass sich der Verdacht auf eine Teilleistungsstörung immer mehr verfestigte. Wie wir damit umgingen, darüber schreibe ich sicher bald noch einmal etwas intensiver.

Im Rückblick

Alles in Allem war, wie in vielen Familien, das erste Schuljahr ein sehr besonderes Jahr. Im Nachgang bin ich froh mich bewusst dafür entschieden zu haben, meine Arbeitszeit zu reduzieren und damit die Kinder mit etwas mehr Ruhe begleiten zu können.

Mit jedem Tag mehr, konnten sie sich länger konzentrieren, auch wenn dies phasenweise besser oder schlechter funktioniert. Sie haben sich jeweils in ihrem Klassenverband gut eingelebt und eigene Freunde gefunden. Auch der Förderunterricht half den Kindern, sich dem Thema Mathe etwas besser anzunähern.

Mein Zwischenfazit:

Den Kindern und uns Zeit zu geben um anzukommen, außerschulische Angebote, wie AGs, Vereine etc. nur wenig oder gar nicht wahrzunehmen, hat uns geholfen, immer wieder Zeiten für freies Spiel und Entspannung zu haben. Auch wir Eltern brauchten Zeit um uns an den neuen Alltag mit seinen festen Zeiten, Hausaufgaben und den sich verändernden Bedürfnissen zu gewöhnen.

Alles in allem, sollten wir Eltern bestenfalls nicht unterschätzen was die Schule alles mit sich bringen kann. Nicht muss.

Welche Erfahrungen hast Du gemacht? Haben sich die Zwillinge gut in der Schule eingefunden? Haben sie Schwierigkeiten, die eventuell auf ihr Frühchendasein hinweisen? Wie hast Du das erste Schuljahr Deiner Zwillinge erlebt? Ich freue mich über Deinen Kommentar.

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