Susi, ist 36 Jahre alt und ist Innenarchitektin. Sie liebt ihren Job und will beruflich durchstarten. Wie das Leben so spielt, kam es erst einmal anders. Wie sie von Ihrer Zwillingsschwangerschaft erfuhr und wie sie diese erlebte, das teilt sie hier mit uns:

Beruflich Durchzustarten. Das war mein Plan. 

Ein Kind zu bekommen war für mich und meinen Freund nicht unbedingt für „jetzt“ geplant, aber wir waren uns dessen bewusst, dass das durchaus passieren kann.

Der positive Test (gleichzeitig der erste Test meines Lebens) auf der Toilette meines Arbeitgebers, lies mein Herz auf jeden Fall sehr hoch schlagen, ich freute mich irrsinnig.

Ca. 5 Wochen später sollte mein zweiter Besuch in der Frauenarztpraxis stattfinden. Mein Freund  brachte mich auf dem Weg zur Arbeit, während ich die Autotür zuschlug, rief ich noch flapsig: „Wart´s ab, vielleicht sind es Zwillinge! Haha! “

Da saß ich nun auf dem Behandlungsstuhl, es schien alles in Ordnung zu sein. Ich konnte durchatmen. Plötzlich hielt meine Ärztin kurz inne und sagte: „ Warten sie mal, herzlichen Glückwunsch! Ich sehe zwei schlagende Herzen! “

Wie bitte?! Zwei?!

Mir wurde fast schwarz vor Augen, vom Rest der Behandlung habe ich einen Filmriss. Ich stolperte hinaus, stand komplett unter Schock. Warum war ich nicht vorbereitet?! Gleichzeitig schoss mir ein Feuerwerk an Ängsten durch den Kopf:

Werden die Beiden gesund sein? Bin ich dieser Herausforderung überhaupt gewachsen, der Zwillingsschwangerschaft? Wie soll ich das Alles schaffen? Kann ich das Alles schaffen? Was ist mit meinen Job? Hält meine Beziehung das aus? Und was… ist dann eigentlich mit mir?

Ich rief meinen Freund an und schrie hysterisch ins Telefon

„ Scheisse! Scheisse! Scheisse es sind Zwillinge!“

Seine Antwort hörte ich gar nicht mehr, ich schmiss mich auf die nächstbeste Grünfläche in der Münchner Innenstadt und heulte, nahm nichts mehr um mich herum wahr.

Mein Partner kam und half mir auf, beruhigte mich. Er hatte Tränen in den Augen und sagte mir, das ist das schönste Geschenk, dass wir je bekommen würden, es gäbe kein größeres Glück für uns.

Bei mir hielt dieser Zustand der absoluten Hilflosigkeit und ungekannten Ängste noch für Wochen an. Ich wollte mich so sehr freuen. Man muss sich doch freuen. Ich konnte es aber nicht, war wie gesperrt. Was stimmt mit mir nicht?

Ich googelte jeden Tag wie eine Irre, in der Hoffnung eine Antwort darauf zu finden, was uns erwarten würde. Ich war fast süchtig danach.

Davon kann ich dringlichst abraten. Man spinnt sich seine eigene Horrorgeschichte zusammen, zieht Parallelen wo keine sind, verzweifelt. Selbst diese von anderen Müttern verwendeten Kürzel zu bestimmten Themen und Worten sagten mir einfach gar nichts, das machte mich wahnsinnig. Mal ehrlich, wer macht schon seine positiven Erfahrungen öffentlich?

Dafür ist fast keine Zeit, wenn man glücklich ist. Man darf auch nicht vergessen, dass diese unguten, erschreckenden Alltags -Geschichten, welche man sich herausgoogelt, zum Großteil Momentaufnahmen sind, von einem heutigen Tag irgendwo,  der morgen schon wieder gestern und vergessen ist.

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Irgendwie änderte sich meine Gefühlswelt langsam. Die Tränen wurden weniger. In der ca. 13. SSW durften wir erfahren, dass wir eineiige Mädchen erwarten. Ab jetzt wurde die Schwangerschaft für mich greifbar, wir dachten über Namensgebung nach und ich redete mit den zwei Kindern in meinem Bauch, ein immer größer werdendes Glücksgefühl durchströmte mich mit der Zeit.

Leider muss ich auch sagen, dass ab diesem Zeitpunkt unsere Sorgen erst richtig begannen. Während der pränatalen Untersuchung bekamen wir die Diagnose, dass eine Eineiigkeit in unserem Fall eine Risikoschwangerschaft bedeutete. Es lag eine Nabelschnuranomalie vor, was unterm Strich heißt, dass ein Baby schlechter versorgt war als das andere. Grundsätzlich waren beide Babys sehr klein und knapp in der untersten Perzentile.

Natürlich wurde dann auch das Wort Trisomie 21 in den Raum geworfen, da eine Unterentwicklung ein Softmarker dafür ist, außerdem seien die Oberschenkelknochen „kurz“, ein weiterer Marker. Die Anmerkung der Ärztin, dass manche Paare bei so einer schwierigen Konstellation einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, und im Nebensatz: „ Also sie würde uns im Moment noch nicht dazu raten, aber wenn sich die Situation noch negativer entwickeln würde , würde sie uns schon eine Direktive geben“ gab mir den Rest. Ich konnte nicht mehr klar denken. Ein Abbruch kam nicht in Frage.

Da eine Fruchtwasserpunktierung auf Grund der Risiken für uns definitiv ausgeschlossen war, entschieden wir uns für einen Bluttest, der die Wahrscheinlichkeiten auf Chromosomenstörungen errechnet. Die Ergebnisse waren im absoluten Normbereich. Wir entschieden außerdem sofort die Praxis zu wechseln, nicht nur um eine Zweitmeinung einzuholen. Diese Zweituntersuchung verlief positiver.

Der Arzt meinte, die Werte der Kinder seien zwar nicht im total  Normbereich, aber das sei  bei einer Mono – Di (eine Plazenta, zwei Fruchthöhlen) Konstellation durchaus nicht außergewöhnlich. Höchstwahrscheinlich werden sie durch einen Kaiserschnitt früher geholt werden müssen, aufgrund der Unterversorgung des kleineren Zwillings.

Und über eine mögliche Trisomie sollen wir uns jetzt erstmal keine Gedanken machen,  er könne keine Anzeichen erkennen. Der Kleinere sei zwar unterversorgt, aber nur was sein Gewicht anbelangt. Ach ja! Es seien Jungs – keine Mädchen!

„Und bitte vergessen sie nicht, sich zu freuen!“ gab er uns zum Abschied mit. 

Wir waren etwas gelassener, aber die Sorgen verschwanden natürlich nie gänzlich. So hatte ich mir meine Schwangerschaft nicht vorgestellt, vollgepackt mit Sorgen und Tränen. Meine Bedenken aus dem ersten Trimester waren zur Lappalie geworden. Wir mussten versuchen positiv zu denken.

Ich ging weiterhin regelmäßig in kurzen Abständen zur Untersuchung. Die Jungs nahmen kontinuierlich an Gewicht zu, aber schrammten immer an der untersten Perzentile entlang. Ich arbeitete weiter, aber nur noch halbtags. Zwischendurch haben wir uns noch schnell das Ja – Wort gegeben.

In der 26 . Woche ca. setzten leichte Wehen ein, die Kinder reagierten darauf mit abfallenden Herztönen. Meine Frauenärztin überwies mich in die Frauenklinik. Dort wurde ich ab sofort jeden Tag 3x am CTG überwacht, alle 2 Tage der Bauch geschallt. Ich bekam Wehenhemmer,  so konnte das Problem der Kontraktionen einigermaßen in Schach gehalten werden. Außerdem Spritzen, prophylaktisch, für die Lungenreife .

Die Oberärztin, welche mich regelmäßig untersuchte, meinte das große Ziel sei die 30.+ SSW zu erreichen, dann seien größere Komplikationen höchstwahrscheinlich ausgeschlossen und die Jungs auf der sicheren Seite, da ab dieser Woche alle Organe (bis auf die Lunge, diese ist erst in der 34. SSW voll ausgebildet) ausgereift seien und es nur noch darum ginge an Gewicht zu gewinnen. Ich müsse mir aber auch dessen bewusst sein, dass dieser Punkt auch früher erreicht sein kann, an dem die Kleinen außerhalb des Bauches besser versorgt werden können. Wenn ein Kind im Wachstum stagnieren würde, müsste man beide holen. Jeder Tag, den die Kinder weiter im Bauch verbleiben sei super. Sie versprach mir außerdem ihr Team bereitzuhalten um, egal wann, die Sectio durchzuführen.

Ihr Versprechen hielt sie.

Wann Susi´s Zwillinge geboren wurden, auf welchem Wege und wie sich ihr Leben gestaltet, dass kannst Du hier im 2. Teil von Susi´s Erfahrungsbericht  lesen.

Mehr Erfahrungsberichte findest Du hier:

Monochorial-monoamniote Zwillingsschwangerschaft: Ein Erfahrungsbericht

Beckenendlage bei Zwillingen: Julias Geburtsbericht

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