Zwillingstalk: Frühchenmamas – Übergang vom Krankenhaus nach Hause

0

Anne-Marie und ich, Inga, sind Mamas von Zwillingsfrühchen. Die Zwillinge von Anne-Marie sind eineiig und meine Zwillinge zweieiige Mädchen. Uns beide verbindet die Geschichte unserer Frühgeburt und dem Leben mit Zwillingsfrühchen. Wir beide haben einen besonderen Start ins Leben als Zwillingseltern erlebt.

Im Zwillingstalk Frühchenmamas

sprechen wir heute über den Übergang vom Krankenhaus nach Hause und teilen unsere Erlebnisse, Erfahrungen und Empfindungen. Ehrlich und offen möchten wir damit Einblicke gewähren und dem Thema Frühgeburt einen Raum geben.

Eine Frühgeburt ist ein sensibles und emotionales Thema. Es gibt viele Fachseiten, die sich damit beschäftigen. Wir möchten Dir hier jedoch Einblicke verschaffen und Hoffnung schenken. Vielleicht erhälst Du damit die Gelegenheit Dich mit bestimmten Aspekten im Vorhinein zu beschäftigen. Vielleicht befindest Du Dich in einer ähnlichen Situation wie Anne-Marie oder Inga befinden oder befunden haben. Vielleicht möchtest Du die Menschen und ihre Empfindungen hinter dem Thema Frühgeburt entdecken. Was auch immer Dein Beweggrund ist: Dein Wohlergehen liegt uns am Herzen. Bitte prüfe und entscheide für Dich selbst, ob Du Dich mit dem Thema Frühgeburt auseinandersetzen möchtest, bevor Du weiterliest.

In unseren ersten Gesprächen haben wir uns bereits über die Zwillingsschwangerschaft und unserer Zeit mit den Zwillingsfrühchen auf der Neonatologie, ausgetauscht. Heute widmen wir uns unseren Erfahrungen beim Übergang vom Krankenhaus nach Hause und nehmen Euch mit in die ersten Tage und Wochen im Leben mit Zwillingsfrühchen zu Hause.

Der Entlassungstag aus dem Krankenhaus

Anne-Marie: „Am Tag der Entlassung tigerte ich total nervös umher. Ich liebe es Dinge zu organisieren, deshalb wusste ich, dass alles, was in meiner Macht stand, auch soweit fertig war. Nach einem gefühlt unendlichem Entlassungsgespräch war es soweit. Wir durften die Elektroden lösen, sie abkabeln und ihnen eigene Kleidung anziehen. In den Babyschalen versanken sie natürlich, aber ich hätte kaum stolzer sein können.

Noch ein letztes Mal den Summer der Tür drücken. Unzählige Male hatte ich ihn allein betätigt und nun durfte ich die Station gemeinsam mit meinen Babys verlassen.

Zu Hause legten wir sie in ihr Bettchen und konnten es gar nicht glauben. Wir saßen vor ihnen und es fühlte sich an als wäre es nie anders gewesen.

In den nächsten Tagen und Wochen kamen dann unsere ganzen Verwandten, denn bisher konnte -dank Corona- ja niemand außer uns die Beiden bisher kennen lernen. Ich kann Mamas verstehen, die im Wochenbett Ruhe und Erholung brauchen, aber ich war so stolz und hätte am liebsten jeden Tag Besuch gehabt. So nach und nach haben wir uns miteinander eingegroovt. Natürlich gab es zunächst extrem viele Arzttermine und auch die Monitore machten uns zu schaffen, aber wir waren- und sind es immer noch – jeden Tag dankbar, dass es den Beiden so gut geht.

Erzähl doch gern mal von eurem Homecoming-Tag!“

Inga: „Ich kann mich noch so gut an den Homecoming-Tag erinnern. Wie Ihr fieberten wir förmlich darauf hin. Die Zwillingsherzdamen hatten sich gut entwickelt und um Weihnachten herum erst die 2 kg Marke geknackt um dann wenige Wochen später endlich die 2,5 kg Gewicht zu haben. Ziel für die Entlassung war neben dem Gewicht, dass sie eine bestimmte Menge am Tag an Muttermilch zu sich nahmen. Als dann endlich der Arzt kam und sagte, nun sei es soweit, waren wir unglaublich aufgeregt.

Anne-Marie, kennst Du diese Bilder wie der stolze Papa, mit je einem Autositz mit Baby im Arm, das Krankenhaus verlässt? Ich glaube dieses Bild prägt sich bei allen Eltern ein. Das erste Mal die Autositze mit unseren Babys im Auto verzurren, gemeinsam mit ihnen nach Hause fahren und auf dem Sofa gemeinsam kuscheln…es war ein Traum. Auch wenn wir durch die Wochen im Krankenhaus bereits Erfahrungen mit der Pflege unserer Zwillingsherzdamen hatten, waren wir doch aufgeregt. Würden wir das alles alleine hinbekommen?

Am Abend des Entlassungstages, der lang, anstrengend und aufregend war, legten wir unsere Babys in das als Beistellbett umgebaute Kinderbett und begleiteten sie beim Einschlafen. Ich war total aufgewühlt und glücklich und wollte nur noch schlafen. Tatsächlich bekam ich jedoch die ganze, kurze Nacht kein Auge zu weil ich bei jedem Schnorcheln der Babys, jeder Bewegung, sofort hellwach im Bett saß ;-). Ungewohnt und doch so schön!

Am nächsten Tag machten wir den ersten Spaziergang mit dem Zwillingskinderwagen. Wir waren so stolz und in diesem Moment genossen wir selbstverständlich noch all die Blicke, Fragen und Kommentare zu den Zwillingen ;-)“

Zuhause mit Zwillingsfrühchen

Inga: „Ab diesem Tag befanden wir uns wohl in der sogenannten Wochenbettblase. Es gab kein Tag und keine Nacht, alles wurde durch die Bedürfnisse der Babys vorgegeben. Anne-Marie, wie hast Du die ersten Tage mit den Babys erlebt?“

Anne-Marie: „Ich konnte deine Worte sehr gut mitfühlen. Auch für mich war der erste Spaziergang unheimlich besonders. Es schneite und schneite und schneite, aber nach all den Wochen im Krankenhaus wollte ich einfach nur mit den Beiden raus gehen.

Wir haben sie also dick eingemummelt und dann so viel wie möglich an die frische Luft. Der Prozess war dann immer gar nicht so einfach mit dem Heimmonitor, den sie ja beide gehabt haben. Ich bin natürlich dankbar dafür, dass es diese Technik überhaupt gibt, ansonsten hätten unsere Mädchen noch viel länger im Krankenhaus bleiben müssen, aber wow, was habe ich die Dinger gehasst. Sie waren einfach noch so ein Relikt aus der Krankenhauszeit und irgendwie hatte ich mich innerlich dagegen gesträubt. Bei jedem Alarm bleibt einem gefühlt das Herz stehen.

Nach zwei Monaten mussten die Beiden eine weitere Nacht im Schlaflabor verbringen, um zu entscheiden, ob sie die Teile los werden können. Meine eine Maus, überraschenderweise die Zartere, durfte ihren Monitor dann abgeben, die andere musste ihn leider für zwei weitere Monate behalten. In der Auswertung nach den ersten zwei Monaten zeigte sich, dass beide Monitore jeweils über 400 Fehlalarme – also im Grunde technische Fehler – hatten. Das war ziemlich ernüchternd.

Auch standen in der ersten Zeit extrem viele Arzttermine an, von denen wir uns häufig überwältigt gefühlt haben. Wir haben für die Beiden sehr strenge Fütterzeiten eingehalten und wenn dann mal ein Termin in diese Zeit fiel, sorgte das für enormen Stress bei uns. Die Gelassenheit konnten wir da noch nicht entwickeln.

Wie war das bei euch? Hattest du zu Hause Unsicherheiten mit den Beiden? Hätte dir ein Gerät zur Überwachung geholfen?“

Inga: „Wenn ich Deine Erfahrungen so lesen, dann bin ich wirklich noch mehr dankbar dafür, dass die Zwillingsherzdamen keinen Monitor zur Überwachung benötigten. Ich kann mir vorstellen, dass dieses Piepen verbunden mit Sorge, eine zusätzliche Herausforderung ist, obwohl es möglicherweise auch ein gewisses Sicherheitsgefühl mit sich bringen kann.

Unsicherheiten hatten wir wie wohl alle Eltern mit Babys zu Hauf. Was macht man mit langen Fingernägeln, wie verhält man sich wenn ein Baby weint, während man den Zwilling wickelt? Habe ich genug Milch? Nehmen sie genug zu? Bekommen sie alles was sie brauchen? Gibt es Atemaussetzer?… Wir waren überwältigt, wie auch ihr. Unser Fokus lag vollkommen auf den Kindern.

Meine eine Tochter hatte von Beginn an sehr stark mit ihrem Darm zu tun und litt ständig an Verstopfungen und damit gehäuft Bauchschmerzen. Dies bedeutete viele zusätzliche Bauchmassagen, Zäpfchen, Klistiere, gefühlt hatten wir sie nur im Fliegergriff und im Tragetuch, damit es ihr Erleichterung verschaffte. Das machte mir damals starke Sorgen, zeigte jedoch auch, dass jedes Kind, auch wenn es ein Zwilling ist, eine individuelle Verdauung hat. Denn bei der Schwester flutschte sprichwörtlich alles ;-).

Wir wurden zur Physiotherapie überwiesen, die wir neben den Arztterminen und den Terminen im SPZ (sozialpädriatisches Zentrum) wahrnehmen mussten. Statt entspannt anzukommen, wie ich es mir erträumt hatte, waren wir erstaunlich viel unterwegs. Die Kinder wurden häufig im Hinblick auf ihre Entwicklung kontrolliert, was zum einen beruhigte, zum anderen aber auch ganz schön anstrengend war. Gefühlt waren die ersten Tage und Wochen stark durchgetaktet und es blieben neben dem Pumpen, Stillversuchen, Füttern, Wickeln, Kontrollterminen, Physiotherapie, SPZ, Anträgen für Elterngeld und Co gefühlt nicht viele ruhige Minuten, um gemeinsam anzukommen.

Es war rückblickend eine unglaublich intensive Zeit und vollkommen andere Welt, als ich jemals in der Schwangerschaft gedacht hätte. Ich denke, dass können viele Eltern und besonders Eltern von Frühchen bzw. Kindern mit schwierigem Start sehr gut nachvollziehen.“

Hier endet vorerst unser Gespräch über die ersten Tage und Wochen. In unserem nächsten Zwillingstalk sprechen wir darüber, welche Erfahrungen und Erlebnisse wir rund um die Ernährung der Zwillingsfrühchen gemacht haben und welche Wege wir beschritten haben. Bis dahin freuen wir uns, wenn Du mit uns Deine Erfahrungen beim Übergang vom Krankenhaus nach Hause mit Deinen Zwilling gemacht hast.

Du magst mehr rund um das Thema Frühchen lesen?

Was Deine Frühchenzwillinge brauchen

Zwillingsfrühchen: Mein Wochenbett begann nach 9 Wochen

Mehr Elterngeld bei Frühgeburten

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.