Mein Schwager sagte: Es ist nicht die Frage wann, sondern ob. Nun war es soweit: Die Schule rief an und sagte, ich solle sofort Zwillingsherzdame 1 abholen. Sie ist ein 1. Kontakt.

Meine Erlebnisse mit einem Zwilling in Quarantäne in der Adventszeit.

Sofort lies ich alles stehen und liegen und eilte zur Schule. Auf dem Pausenhof begrüßten mich viele Kinder und ein Erzieher. All diese Kinder, waren in Kontakt mit einer Erzieherin, die Corona positiv getestet wurde. Es wurde um sofortige Isolation gebeten. Meine Tochter (9) rannte weinend und völlig aufgelöst auf mich zu. Ich nahm sie in die Arme und versuchte sie zu trösten. Sie weinte und sagte: „ In der Schule ist Corona“, habe ich das jetzt? Stirbt jetzt meine Schwestern oder Du?“ Für mein Kind hing der Begriff Corona wie ein Damoklesschwert über ihr. Nicht wirklich greifbar und doch so beängstigend in möglichen Auswirkungen auf für sie wichtige Menschen, die möglicherweise nun durch sie sterben könnten. Mir brach es das Herz.

Den ganzen Weg über versuchte ich sie zu beruhigen, ihr zu erklären, dass wir nun erst einmal abwarten müssen und nach Hause gehen, um dann von der Schule zu hören, wie es nun weitergeht.

Wie Du Dir vorstellen kannst, war der Nachmittag emotional sehr aufgeladen. Mein Kind war kaum zu beruhigen, einfach weil es so wenig Fakten gab, nur das Wissen, dass die Erzieherin positiv war und wir erst einmal in Isolation. Sie machte sich Sorgen um ihre Zwillingsschwester, die ja noch in der Schule „mit Corona“ war. Erst als diese gesund und heile nach Hause kam, entspannte meine Tochter sich etwas. Sie war traurig nicht in die Schule gehen zu dürfen und ohne ihre Freude zu Hause sein zu müssen. Ich sagte ihr, dass wir es uns ganz gemütlich und das Beste aus der Situation machen würden. Im Inneren rotierten jedoch meine Gedanken, denn als Selbstständige und Midijobberin, musste ich die nächsten Tage umwerfen, neu sortieren. Jegliche Planung war dahin und dazu wusste ich nicht, ob mein Kind sich eventuell angesteckt hatte. Wie damit verfahren?

Ich werde zwar aus beruflichen Gründen 1x wöchentlich auf Corona getestet (und meine Familie damit indirekt auch), aber wie wir wissen, ist es auch unter ungünstigen Umständen möglich, trotz negativen Testergebnis Corona haben zu können.  Es stellte sich also schnell die Frage, wie als Familie damit umgehen? Mein mütterlicher Instinkt, sagte mir meine Tochter braucht Nähe, Liebe, Reden. Ich entschied mich mit Ihr vorerst gemeinsam in Isolation zu gehen.

Einen Tag später erhielten wir ein Schreiben der Schulleitung, welches uns darüber informierte, dass das Kind als 1. Kontakt, mit der Hälfte der Klasse nun für 12 Tage in Quarantäne gehen muss. Was mich verwirrte war, dass zum einen selbst ein negativer Coronatest nicht von der Quarantäne entbinden würde und zudem nur Zwillingsherzdame 1 in Quarantäne gehen musste, der Rest der Familie jedoch nicht.

Zum Einen wirft dies für mich die Frage auf, warum negative Ergebnisse nicht von einer Quarantäne befreien bzw. sie ggf. verkürzen? Denn 12 bis 14 Tage Quarantäne sind für ein Kind doch wirklich eine enorm lange Zeit. Eine Zeit ohne physische Kontakte, eine Zeit ohne an die frische Luft gehen zu dürfen.  Als Mutter die die Sorge auch für das Kindswohl trägt, ein sehr großer Zwiespalt. Kein physischer Kontakt ist selbstverständlich, aber keinerlei frische Luft? Kein Waldspaziergang, wenn niemand unterwegs ist? Alle die glückliche Hausbesitzer oder Gartenbesitzer sind, haben eine private Möglichkeit, aber was ist mit den Familien die in Wohnungen ohne Balkon und Garten wohnen? 14 Tage zu Hause ohne außerfamiliäre Kontakte, ohne Ausgang, dass ist eine sehr große psychische Belastung. Und für unsere Kinder umso mehr.

Zum Anderen kann ich weiß Gott nicht nachvollziehen, wieso nur Zwillingsherzdsame 1 in Quarantäne gehen musste. Was wäre im Fall sie wäre positiv? Ihre Zwillingsschwester darf weiter zur Schule gehen, wir Eltern dürfen weiter arbeiten (soweit das in Quarantäne möglich ist), Einkaufen usw. Wer versteht da die Logik? Vor allem mit dem Hintergrund, dass aktuell davon ausgegangen wird, dass Kinder oftmals keine oder wenige Symptome zeigen?

Das Schreiben hinterließ also viele Fragezeichen und auch Unsicherheiten. Auf allen Seiten.

Doch wir wollten das Beste aus der Situation machen und nutzten die ersten Tage, um die Wohnung weihnachtlich zu schmücken, zu basteln, zu backen u.v.m. Zum Glück blieb das Kind ohne jegliche Erkältungssymptome. Doch dies bedeutet auch, dass es seine ganze gesunde Energie zu Hause herauslassen musste. Wie die Wohnung aussah, können Eltern sich sicher vorstellen.

Schnell kamen die obligatorischen Hausaufgaben via Email, kein Homeschooling via Video, sondern pdf Unterlagen, die es auszudrucken, zu bearbeiten, einzuscannen und zu versenden galt. Also Vormittags Hausaufgaben mit Zwillingsherzdame 1, Mittagessen vorbereiten und Haushalt schmeißen, Zwillingsherzdame 2 begrüßen, Hausaufgaben machen, Abendbrot und Abendrituale und vielleicht am späten Abend einmal ein bisschen arbeiten.

Dies bringt mich zum nächsten Punkt. Die Finanzen. Ein vollkommenes Wirrwarr sind die finanziellen Regelungen für solch einen Fall. Das Kind ist in Quarantäne, aber nicht krank. Daher auch nicht krankgeschrieben. Ich als Mutter betreue sie und bin auch nicht krankgeschrieben. Als Selbstständige, die in der Theorie vom Homeoffice aus arbeiten kann, gibt es so gut wie keine Möglichkeit das Geld, welches wegfällt, auch nur teilweise erstattet bekommen zu können. Der Arbeitgeber muss einen neun seitigen Antrag ausfüllen, um einen Teil des Gehaltes erstattet zu bekommen und damit prozentual an den Arbeitnehmer zu zahlen. Ist das nicht alles vollkommen verrückt? Wie machen das die Familien mit wenig und geringem Einkommen? Ohne Rücklagen?

Nach fünf oder sechs Tagen, merkte ich wie schwer mir diese Isolation viel. Wie musste es da meiner Tochter gehen? Mir fiel sprichwörtlich die Decke auf den Kopf. Bis mein Mann am Abend sagte, ich solle endlich einmal spazieren und an die frische Luft gehen. Ein kurzes Durchpusten auf meiner Seite, aber das Kind war weiterhin zu Hause. Mit jeden Tag unmotivierter etwas für die Schule zu machen, mit jedem Tag unausgeglichener…irgendwie haben wir diese Tage überstanden. Doch der bittere Nachgeschmack bleibt, vor Allem in Anbetracht dessen, dass es nur eine kleine Atempause bis zu jetzigen Lockdown 2 gab. Ganze sieben Tage bis es wieder heißt „Homeschooling“ oder eine wundervolle Wortkreation „saLzH“ – schulisch angeleitetes Lernen zu Hause. Dies ist also das Ergebnis eines Sommers, eine Wortkreation. Ich weiß nicht ob ich lachen oder weinen soll.

Aber wie immer, werden wir Eltern unsere gesellschaftliche aber auch familiäre Verantwortung tragen. Wie wir und unsere Kinder dies psychisch verkraften, ist nicht von Interesse und die Langzeitfolgen kann wohl niemand absehen. Wir haben wie so oft nur die Chance, in unserem kleinen Geltungsbereich, das Beste im Sinne unserer Familie daraus zu machen und zu hoffen, dass sich die privaten und persönlichen Schäden auf ein Minimum begrenzen lassen.

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