Es ist wieder soweit, die Zeugnisausgabe in der Schule steht an und meine Zwillingsherzdamen sind aufgeregt. Welche Noten werden sie bekommen? Sind sie besser oder schlechter in Mathe, Deutsch usw. bewertet worden? Sie haben geübt und gelernt, haben Vorträge vorbereitet, diverse Leistungskontrollen geschrieben und nun zeigt sich für sie, wie ihre Lehrkraft dies einschätzt. Doch für mich als Mama sind Noten ein Graus. Für mich spiegeln sie nicht wieder, was meine Kinder ganz individuell für Fortschritte gemacht haben, ganz unabhängig vom Vergleich zu anderen Kindern oder gesetzten Normen. Daher schreibe ich für jede der Zwillinge ein Mama-Zeugnis. Besser, eine Mama-Urkunde, für sie ganz persönlich.

Warum ich Noten nicht viel abgewinnen kann

Seit der 3. Klasse bekommen meine Kinder als Leistungsbewertung Noten. Wir Eltern haben abgestimmt und nur ein paar wenige, wie auch ich, stimmten gegen die Notenvergabe. Die Mehrzahl war dafür, also gab es ab jetzt Notenzeugnissse.

Wurden bisher die Arbeiten mit Stempelsmileys versehen, findest sich jetzt überall eine Zahl. Eine Zahl die sich innerhalb einer Klasse, eines Jahrgangs, einer Schule vergleichen lässt, die jedoch nichts über die persönliche Weiterentwicklung des jeweiligen Kindes aussagt. Schon gar nicht über seine Kompetenzen, seine Stärken oder Schwächen, über Entwicklungsschritte oder Fortschritte. Noch weniger darüber, dass das Kind unabhängig von Noten, ein wunderbares Menschlein ist, mit all seinen Stärken und Schwächen.

Sehr gut, gut, befriedigend, ausreichend, mangelhaft, ungenügend.

Die einzigen Kategorisierungen die getroffen werden. Keine Erläuterung, keine Anmerkung.

Mathe 3 bzw. Mathe befriedigend, was genau sagt dies genau für das Kind, die Eltern, das Umfeld aus?

Aus meiner ganz persönlichen Sicht, und ich betone, dass ich keine Pädagogin, sondern einfach eine Mutter bin:

NICHTS.

Mathe 3 ermöglicht einen Vergleich. Nicht mehr und nicht weniger. Einen Vergleich zum Vorjahr, einen Vergleich unter den Kindern, einen Vergleich für Lehrpersonal.

Ob das Kind dies mit viel Fleiß erreicht oder gar nicht gelernt hat, spiegelt die „3“ nicht wieder. Es spiegelt nicht wieder welche Kompetenzen sich das Kind erarbeitet hat. Welche persönlichen Meilensteine es erreicht hat.

Individuelle Erfolge

Ein Beispiel: Zwillingsherzdame 2 hatte im ersten Halbjahr langsam aber sicher eine Angst vor Mathe entwickelt.

„Ich kann das einfach nicht!“

Sie übte und lernte und trotzdem kam eine für sie schlechte Note dabei heraus. Sie traute sich immer weniger an Aufgaben heran und vor einer Mathearbeit, gab es Tränen und schlaflose Nächte. Sie war immer mehr am Verzweifeln und wir mit ihr.

„Trau Dich, Du schaffst das“, sagte ich ihr.

„Die Note sagt nichts darüber aus, was für ein Mensch Du bist.“

„Jeder Mensch hat verschiedene Stärken und Schwächen.“

„Ich hab Dich lieb, egal welche Noten du bekommst.“

„Es gibt Menschen, die waren in der Schulzeit ganz schlecht in Mathe und waren später als Genies auf ihrem Gebiet bekannt.“

Ich redete und redete und versuchte mein Kind stark zu machen. Sorgen zu nehmen mit einer für sie schlechten Note nach Hause zu kommen.

Wir entschieden eine private Nachhilfe zu engagieren. Einmal wöchentlich erarbeitete diese mit meinem Kind Rechenwege.

Nach ein paar Monaten stand die nächste Mathearbeit an. Nach Monaten des Bestärkens und der Nachhilfe, weinte mein Kind nicht mehr vor der Mathearbeit. Sie schlief ruhig und ging deutlich weniger aufgeregt in die Schule. Stolz berichtete sie mir im Anschluss, dass sie sich sogar an die schweren Aufgaben getraut, sie zu lösen probiert hatte. Ich war so stolz auf sie. Ich freute mich für sie. Und sie war mit ihrer Leistung zufrieden.

Das Ergebnis war im selben Bereich wie zuvor und doch hatte sie viel gewonnen. Sicherheit, Vertrauen, Mutig sein…

Die Note spiegelte all dies nicht wieder. Ein Armutszeugnis für Noten.

Mama-Urkunde

Daher schreibe ich meinen Kindern zum Schuljahresende eine Mama-Urkunde.

Eine Urkunde für einen wunderbaren Menschen, mit ganz vielen Kompetenzen. Eine Mama-Urkunde für mein Kind was persönlich gewachsen ist, nicht aufgegeben hat und sich selbst sicherer geworden ist. Das Versagensängste hinter sich gelassen hat und weiß, dass es ein wertvoller und geliebter Mensch ist, egal welche Noten auf dem Zeugnis stehen.

Ich hoffe damit mein Kind zu bestärken, den Blick weg von Noten, hin zu persönlichen Erfolgen und Kompetenzen zu lenken. Ich wünsche mir, dass es mit einem Lächeln ihre Urkunde in der Hand hält und mit sich selbst zufrieden ist.

Vielleicht wirft sie in ein paar Jahren einen Blick auf ihre Zeugnisse und meine Urkunden und erinnert sich, was sie alles für sich in dieser Zeit erreicht hat. Und dass wir Eltern, diese Entwicklung wahrgenommen und gewürdigt haben.

Ich freue mich schon auf ihre Reaktion.

Ein weiteres Beispiel für ein individuelles Zeugnis findest Du bei unserer wunderbaren Schirmherrin und auch Zwillingsmama Lisa von Stadt-Land-Mama. Wie Du siehst, suchen viele Eltern Alternativen für Schulzeugnisse, die ihre Kinder in ihrem Sein bestärken. Alles Liebe,

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