Zwillinge haben sich gegenseitig, eine Stütze, ein Sicherheitstool ist immer dabei. In vielen Situationen ein absoluter Vorteil, in manchen eher nicht. Inga´s Zwillinge allein zu Haus und das zum ersten Mal für mehrere Stunden. Ihre Gedanken dazu, persönliche Erlebnisse und Zwiespälte, ein Erfahrungsbericht.

Lange habe ich daraufhin gefiebert, lange daraufhin gearbeitet und heute ist es soweit. Zum allerersten Mal sind die Zwillingsherzdamen (11 Jahre) für mehrere Stunden allein zu Haus. Es sind Ferien und der Zwillingspapa und ich müssen arbeiten. Haben wir sie bisher in solchen Situationen mit ins Büro genommen, sie verabredet oder beaufsichtigen lassen, ist es nun an der Zeit loszulassen und ihnen das Vertrauen zu schenken, dass sie das gut hinbekommen zu zweit allein zuhause zu sein. Nicht, dass sie nicht schon des Öfteren für einen Einkauf etc. für eine halbe Stunde bis Stunde allein gewesen wären, aber 4-5 Stunden, dies ist ein Novum.

Wie so oft gibt es mehrere persönliche Gründe dafür, warum dies bisher nicht möglich war.

Zwillinge allein zu Haus – aus Kindersicht

Der wohl wichtigste Grund: Bis zum jetzigen Zeitraum war eine Zwillingsherzdame nicht dafür bereit, mehrere Stunden ohne uns zu sein. Zwillingsherzdame 1 hat ein großes Sicherheitsbedürfnis. Während ihre Zwillingsschwester es schon lange liebt auch einmal alleine zu sein, hat Zwillingsherzdame 1 immer ein „komisches Kribbeln“ im Bauch wenn wir nicht da sind und geht dann lieber mit zur Arbeit, als ohne uns zu Hause zu sein (fürwahr ein Privileg als Selbstständige). Jedes Kind hat sein eigenes Tempo und so auch hier. Das haben wir vollkommen akzeptiert (auch wenn es uns manches Mal viel Organisation kostetet immer da zu sein, wenn sie nach Hause kam bzw. die Arbeit so zu organisieren, dass einer Zuhause sein konnte) und immer versucht, ihr die Zeit zu geben dies sie braucht, bis sie bereit ist, auch einmal alleine bzw. alleine mit ihrer Schwester zu Hause zu sein. Nun also ist es soweit.

Zwillinge allein zu Haus – aus Elternsicht

Und doch möchte ich auch den zweiten Grund nicht verhehlen: Meinen Zwiespalt. Denn vielleicht kennst du das auch: die Zwillingsherzdamen entwickeln zu manchen Zeitpunkten untereinander eine spezielle Dynamik.

Diese Zwillingsdynamik folgt keinem Muster, sie hat verschiedene Intensitäten und kommt so plötzlich, dass es unvorhersehbar ist. War soeben alles in Ordnung, jedes Kind beschäftigt sich mit sich selbst oder sie spielen friedlich miteinander, knallt es plötzlich. Sie schreien sich an, sie fangen an sich gegenseitig zu kneifen, zu hauen, Dinge durch die Gegend zu werfen und sind so mit sich selbst beschäftigt, dass sie nicht einmal mehr akustisch hören, wenn wir etwas sagen. Ob laut oder leise.

Sie sind so in ihrer Zwillingsdynamik gefangen, dass ihre Umwelt wie ausgeblendet ist. Ihr Fokus liegt auf ihnen und dem gerade herrschendem Thema. In diesen Momenten finden wir nur schlecht Zugang zu ihnen und nicht selten endet dies damit, dass ein oder beide Kinder sich so wehtun, dass sie weinen, unzufrieden sind, Türen geknallt werden und der Unmut über die Zwillingsschwester zu uns getragen wird. Wir versuchen dann gemeinsam Lösungen zu finden.

Und eben diese nicht vorhersehbaren Dynamiken, tragen zu meinem Zwiespalt bei. Auch wenn es manchmal beruhigend scheint zu wissen, dass die Kinder gemeinsam zu Hause und damit nicht alleine sind und sich gegenseitig unterstützen können, beunruhigt mich das Wissen um ihre Dynamik. Zu wissen, dass sie im Zuge dieser Dynamik ihr Umfeld vollkommen aus dem Auge verlieren und niemand da ist, der in Fall der Fälle eingreifen kann, hinterlässt bei mir ein ungutes Gefühl.

Der richtige Zeitpunkt?

Selbstverständlich ist mir bewusst, dass viele Familien ihre Schulkinder bereits früher alleine zu Hause lassen (müssen) und dass dies im Großteil der Fälle auch klappt oder einfach klappen muss. Ob ein Kind alleine oder mehrere Kinder auf einmal, ich gehe davon aus, dass jede Familie für sich am besten einschätzen kann wann geeignete Zeitpunkte sind den Kindern dieses Vertrauen zu schenken und die Kinder sich dies auch zutrauen, welche Rahmenbedingungen vorherrschen müssen. Gesetzlich gibt es hier nur wenige Regelungen, die weiterhelfen können.

Es ist für mich wieder eine neue Phase der Unsicherheit als Eltern, die eingeleitet wird. In der man tausende Aspekte und Bedürfnisse abwägt, hin und her überlegt, Rahmenbedingungen absteckt und mit den Kindern bespricht und dann den Dingen ihren Lauf lässt.

Mit zwiespältigem Gefühl bin ich ins Büro gefahren. Das Handy immer bei mir. Nach zwei Stunden rief Zwillingsherzdame 1 kurz an, um sich zu versichern, dass ich auch wirklich ihr Lieblingsessen mitbringen würde, wenn ich in ein paar Stunden nach Hause kommen würde. Ich meldete mich eine halbe Stunde bevor ich nach Hause fuhr. Als ich nach Hause kam stand die Wohnung noch, die Mädels waren entspannt und hatten einen gemütlichen Vormittag hinter sich.

Dies hat für heute meinen Zwiespalt ein klein wenig befrieden können und ich drücke uns allen die Daumen, dass wir Schritt für Schritt auch hier unsere Routine finden, mit der wir alle uns wohlfühlen. Glücklicherweise, wachsen wir mit unseren Kindern J.

Gib ihnen Wurzeln und Flügel heißt es. Manchmal ist es mit den Flügeln gar nicht so einfach…

Das hat uns in der Vorbereitung geholfen:

  • Beide Zwillinge waren bereit und haben dies von sich aus kommuniziert.
  • Die Kinder wussten wo wir sind und wann wir wieder kommen.
  • Handys waren aufgeladen und Eltern und Kinder jederzeit erreichbar.
  • Die Regeln in der Wohnung haben wir vorab mehrmals besprochen (Backofen, Kerzen und Wasserkocher bleiben aus), Fremden wird die Tür nicht geöffnet um ein paar Beispiele zu nennen.
  • Verhaltensregeln im Fall der Fälle beispielsweise beim vertrauten Nachbarn zu klingeln und die Wohnung nie ohne Schlüssel zu verlassen.

Ich hoffe das eine oder andere hilft dir diese neue Phase zu ebnen.

Nun freue ich mich über deine Erfahrungen. Wann waren deine Kinder das erste Mal für einen gewissen Zeitraum alleine? Kennst du die beschriebene Zwillingsdynamik?

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