Als die Zwillingsherzdamen in die Schule gingen, hatte ich die romantische Vorstellung, dass sie ihre täglichen Schulwege gemeinsam bestreiten würden. Das würde sowohl ihnen als auch uns ein Gefühl von Sicherheit geben, da sie nicht alleine wären. Trotz getrennter Klassen begannen und endeten die Schulstunden meist gleichzeitig, sodass ich überzeugt war, dass dies wunderbar klappen würde. Gemeinsame Schulwege bei Zwillingen – Inga´s Erfahrungsbericht
Gemeinsame Schulwege bei Zwillingen
Mit dem Beginn der Grundschule gingen wir also gemeinsam zur Schule und zurück. Übung macht den Meister, und ich war mir sicher, dass die Zwillingsherzdamen nach einiger Zeit auch ohne unsere Begleitung den Schulweg meistern würden. Doch wie so oft drifteten Vorstellung und Realität auseinander.
Viel früher als ihre Schwester war Zwillingsherzdame 2 bereit, den Schulweg ganz ohne Eltern zu gehen. Während Zwillingsherzdame 1 unter keinen Umständen nur mit ihrer Schwester – geschweige denn alleine – den Schulweg gehen wollte, konnte Zwillingsherzdame 2 es kaum erwarten, endlich alleine loszustürmen.
Ein Kompromiss
Wir fanden einen Kompromiss: Zwillingsherzdame 2 durfte morgens alleine losgehen, während Zwillingsherzdame 1 weiterhin von einem Elternteil begleitet wurde. Immer wieder boten wir ihr an, mit ihrer Zwillingsschwester alleine zu laufen oder sich Freundinnen anzuschließen, doch für sie war die elterliche Sicherheit entscheidend.
Ein wichtiges Prinzip, das ich mir immer wieder vor Augen führen musste, ist: Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, auch in der Schulzeit. Daher respektierten wir ihr Bedürfnis und begleiteten sie so lange, wie sie es benötigte. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem sie uns vor dem Schultor fast stehen ließ und vertieft in ein Gespräch mit einer Freundin nach Hause lief. Ab diesem Moment ging es häufig ganz von allein.
Statt mit der Zwillingsschwester den Schulweg zu bestreiten, ging jede der Zwillingsherzdamen mit ihren jeweiligen Freunden. Nur selten liefen sie gemeinsam.
Neue Rahmenbedingungen
Dies führte dazu, dass die Zwillingsherzdamen zu unterschiedlichen Zeiten zur Schule starteten. Je nachdem, wann welche Freundin vor der Tür stand oder ein Zwilling bereits bereit war, stürmte sie aus dem Haus, ohne auf die Schwester zu warten. Natürlich führte dies nicht selten dazu, dass eine der Zwillingsherzdamen traurig oder sauer war. Schließlich hatten sie jahrelang gelernt, dass sie aufeinander warten sollten.
Ihre gesamte Kindheit war geprägt von gemeinsamen Wegen – sei es von der Kita hin und zurück, auf Spaziergängen oder beim Fahrradfahren. Es war also nicht verwunderlich, dass die Rahmenbedingungen je nach den Bedürfnissen neu ausgehandelt werden mussten. Auch wir Eltern benötigten einen Moment, um diese neue Entwicklung anzunehmen.
Wechsel zur Oberschule
Witzigerweise erlag ich beim Wechsel zur Oberschule erneut demselben Gedankengang. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren die Zwillingsherzdamen gute 45 Minuten zur Schule, und ich war mir sicher, dass sie dies gemeinsam tun würden. Auch in dieser Situation begleitete ich sie die ersten Wochen täglich. Wieder war Zwillingsherzdame 2 viel früher bereit, den Weg ohne elterliche Begleitung zu gehen. Also mussten wir erneut Kompromisse finden und individuelle Bedürfnisse annehmen.
Fazit
Heute entscheiden die Zwillingsherzdamen ganz ohne uns, ob sie gemeinsam den Schulweg antreten oder nicht – ob mit Freunden oder alleine. Sie sind in ihrem persönlichen Tempo gewachsen.
Als Zwillingsmama staune ich immer wieder, wie oft uns das „Zwillingsdasein“ gedanklich in die Irre leitet. Denn warum sollten Zwillinge, selbstverständlich gemeinsame Wege gehen?
Das Gute ist: Unsere Kinder werden uns ihren Weg zeigen und uns aus unseren Irrwegen leiten!
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