Manchmal läuft der Start ins Leben mit Zwillingen anders als ersehnt. Aus vielen verschiedenen Hintergründen, kann dies emotional für alle Beteiligten sehr belastend sein. Ein Bondingbad oder Babyheilbad, kann eine heilsame Erfahrung für die ganze Familie sein. Bondingbad mit Zwillingen: Wir haben mit den Zwillingseltern Liz und Martin über ihre Erfahrungen gesprochen.
Endlich waren sie da. Liz und Martin durften ihre Zwillingsjungen Otis und Till auf der Welt begrüßen. Leider hatte Otis Atemprobleme, weshalb er direkt nach der Geburt auf die Neonatologie verlegt werden musste. Während Till direkt nach der Geburt auf Mamas Brust kuscheln und ankommen durfte, wurde Otis auf der Kinderstation mit Atemunterstützung versorgt. Ein erstes Bonden war nicht möglich und wurde schmerzlich durch die Liz und Martin vermisst. Es dauerte 36 Stunden bis Mama und Papa auch mit Otis ohne Geräte kuscheln konnten.
Liz:
„In den ersten Tagen bin ich sehr angespannt, vorsichtig und eher mechanisch mit Otis umgegangen. Er wirkte noch zerbrechlicher als sein Bruder und war sehr berührungsempfindlich; hat sehr schnell angespannt.“
Liz sprach mit ihrer Hebamme über ihr Empfinden nach der Geburt. Diese empfand sie insgesamt als schöne Erfahrung, haderte jedoch mit einigen Momenten und Entscheidungen, für die sie sich die Schuld gab. Hier hörte sie von ihrer Hebamme das erste Mal von der Möglichkeit eines Bondinbads auch Babyheilbad genannt, welches vielleicht eine heilsame Erfahrung für die Familie sein könne.
Bondingbad, was steckt dahinter?
Das Bondingbad ist ein Ritual, welches unter Begleitung durch z.B. eine Hebamme, den natürlichen Bindungsprozess, der nicht stattfinden konnte, wiederholt bzw. anstößt. Dies kann Tage aber auch Wochen nach der Geburt durchgeführt werden. Je nach Situation und Bedürfnis.
Leiden Eltern und/oder Babys an Traumata durch beispielsweise eine schwere Geburt oder frühe Trennung von Eltern und Babys, kann das Bondingbad helfen diese zu heilen bzw. zu mindern. Es ermöglicht den Babys das Urvertrauen zu den Eltern zu stärken und den Eltern, sich emotional und körperlich mit ihren Babys erneut zu verbinden.
Hierbei wird Wasser mit heilenden Zusätzen (nach Brigitte Meisner) als Medium genutzt, die Babys darin gebadet und anschließend nass direkt auf den nackten Oberkörper der Mama oder/und des Papas gelegt. Damit wird der Geburtsprozess emotional nachempfunden und des erste Kuscheln nachvollzogen. Hierbei schütten alle Beteiligten Oxytocin, das Liebeshormon, aus und können sich emotional und geistig gegenseitig von ihren Erlebnissen heilen. Negative Erfahrungen, können damit in positive umgekehrt, ein Neuanfang gemeinsam begangen werden. Ein Bondingbad und die anschließende Zeit sollte im besten Fall durch mindestens eine weitere Person emotional begleitet werden. Es können viele Emotionen verschiedenster Intensität ausgelöst werden, die nicht alleine getragen werden, sondern aufgefangen werden sollten.
Wie haben nun Liz und Martin ihr Bondingbad mit Zwillingen erlebt?
Babyheilbad 12 Tage nach der Geburt
Liz erzählt: „Die Hebamme hat uns gebeten alles vorzubereiten, viele Handtücher bereit zu halten, und unsere Kuschelplätze so vorzubereiten, dass wir sehr lange liegen könnten, d.h. mit Snacks und Getränken auszurüsten und vorher noch mal auf Toilette zu gehen. Die Kleinen, sollten gefüttert und entleert sein.
Das Timing hat gestimmt – gegen zwölf kam die Hebamme und hat einen durchsichtigen Eimer mit warmen Wasser gefüllt und ein paar Tropfen Muttermilch sowie Rescue Tropfen hinzu gegeben.
Mein Mann hat den Zweitgeborenen unter Anleitung der Hebamme langsam in den Eimer gesetzt und ihn am Kopf festgehalten so dass er dann gestreckt und entspannt in dem Eimer saß. Till hat erst etwas geschrien, die Hebamme wies allerdings darauf hin dass er die Unsicherheit meines Mannes spürte. Er hat sich schnell wieder beruhigt.
Die Hebamme hat Otis, den Erstgeborenen, dazu gesetzt und ebenso am Kopf gehalten. Es sah aus als würden die Beiden in einer Fruchtblase sitzen. Es war ein ganz schönes Gedränge in dem Eimer.“
Nun ließ die Hebamme warmes Wasser über den Rücken und den Kopf fließen, massierte den Kopf und erzählte Liz und Martin, dass die Babys dieses Gefühl von den Wehen kennen würden.
Liz legte sich derweil im Bett mit freiem Oberkörper bereit und berichtet:
„Ich weiß nicht genau was die Hebamme gemacht hat; für mich sah so aus als würde sie ihn am Kopf aus dem Eimer führen, und Otis musste sich deshalb abdrücken und wie bei der Geburt aus einem Kanal raus drücken. Das Abstoßen hat die Hebamme mehrmals unterstützt; nach ein paarmal abstoßen hat sie ihn aus dem Eimer geholt und ihn mir mit einem herzlichen Glückwunsch auf die Brust gelegt.
Er war sehr warm und nass, und es hat sich wirklich angefüllt wie nach der Geburt, so wie ich es von Till kannte.
Ich dachte ich würde in Tränen ausbrechen, war aber einfach nur glücklich und gespannt, wie mein Mann Till auf die Brust kommt.“
Während Liz mit ihrem führenden Zwilling kuschelt, machte sich Martin bereit für das Bonden mit Till.
„Till musste etwas animiert werden, er ist der Ruhigere von beiden und ist bei der Geburt quasi von allein raus geflutscht.
Er hat intuitiv seinen Kopf rotiert, so wie es bei der Geburt für die Einstellung in und den Weg durch das Becken nötig ist. Die Hebamme ist mit der Rotation mitgegangen und hat auch hier ein paar Mal das Abstoßen aus dem Eimer unterstützt.“
Till wurde anschließend auf die Brust von Martin gelegt.
„Wir haben zwei oder drei Stunden gekuschelt. Begleitet wurde das Kuscheln durch Musik mit binauralen Frequenzen, die die Entspannung verstärkten. Bei so viel Entspannung haben Till und Otis natürlich auch Wasser gelassen, das war aber mit den ganzen Handtüchern kein Problem.
Wir haben dieses Erlebnis erst mal sacken lassen; ich dachte ja ich werde weinen, aber die Spannung hat sich scheinbar auf andere Art gelöst.“
Was hat das Bondingbad mit Zwillingen bewirkt bzw. ausgelöst?
Liz: „Am nächsten Tag schon kam es mir vor als würde ich entspannter in unsere Interaktionen gehen; einfach liebevoller mit Otis umgehen. Auch er machte einen entspannten Eindruck – bei ihm ist der Geburtsreflex am Hinterkopf noch sehr stark ausgeprägt und er hatte sehr empfindlich auf Berührungen reagiert und sich in die Streckung begeben.
Für Till hatte das Bad die aktivierende Wirkung die er brauchte. Er hätte sicher gern noch mehr Zeit im Bauch verbracht, deshalb ist sein Körper in allem etwas langsamer und gemütlicher.
Wenn ich es in Zahlen ausdrücken müsste hatten wir von den zu verarbeitenden 100% etwas 20 % erreicht – durch ein Bad und nach weiteren 24 Stunden. Ich kann das Heilbad wärmstens empfehlen, egal wie die Geburt verlaufen ist und ich möchte das Bondingbad auf jeden Fall wiederholen. Diesmal so, dass ich meine beiden Zwillingsjungen gleichzeitig auf die Brust bekomme.“
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Liebe Liz, lieber Martin, was für eine wunderbar, heilsame Erfahrung! Wir sind uns sicher, dass viele Zwillingseltern dankbar über Euren Bericht sind und damit neue Möglichkeiten entdecken, die sie gegebenenfalls vorher nicht kannten. Wir freuen uns von Herzen darüber, dass Ihr nun gemeinsam als Familie ankommen konntet und Euch die Möglichkeit gegeben habt, Euren Start in das Familienleben noch einmal neu zu begehen.
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