Muttertät – Persönlichkeitsveränderungen durch Mutterschaft

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www.es-sind-zwei.de DAS Zwillingsportal Muttertät die Pubertät der Frauen
©Galina Zhigalova, canva.com

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Svenja ist Mama von eineiigen Zwillingen und forscht als Professorin zum Thema Lernen in Übergangsphasen. Niemals hätte sie gedacht, wie sich ab nun ihr Leben verändern wird, welche elementaren familiären, aber auch persönlichen Veränderungen die Mutterschaft mit sich bringt. Im Zuge ihrer persönlichen Erfahrungen beginnt sie zum Thema zu forschen und entdeckt das wissenschaftliche Konzept der Muttertät. Wir haben mit ihr über das Phänomen der Methamorphose von Frau zu Mutter aus persönlicher und wissenschaftlicher Sicht gesprochen:

Schwanger mit Zwillingen

Liebe Svenja, was war Deine Reaktion, als Du erfahren hast, dass Du mit Zwillingen schwanger bist?

„Ganz offen gesprochen war ich erschrocken. Die Möglichkeit, Zwillinge zu bekommen, hat in meinem Kopf überhaupt nicht existiert. Ich hatte vorher in keiner Sekunde darüber nachgedacht. Daher war ich vor allem überrumpelt. Gefühlt hat es mein Bild von mir selbst als Mutter ziemlich durcheinandergewirbelt – denn mit Zwillingen ist so einiges anders.

Gleichzeitig vermutete die Ärztin bei diesem Termin, dass es sich um eine mono-mono Zwillingsschwangerschaft handelt, also keine Trennwand innerhalb der Fruchtblase existiert. Dies hätte entsprechende Risiken zur Folge gehabt. Leider hat mich das sehr verunsichert und ich bin mit vielen Sorge aus dem Termin gegangen. Das war vor allem deshalb schade, weil meine Zwillinge doch eine Trennwand hatten, die man so früh einfach nicht erkennen konnte. Heute weiß ich, dass ich mit großem Glück gesegnet bin, Zwillinge zu haben. Damals war es für mich erst einmal ein kleiner emotionaler Berg.“

Wie hast Du Dich auf das Leben als Zwillingsmama vorbereitet?

In der Zeit der Schwangerschaft habe ich mich vor allem auf die Schwangerschaft und die Geburt fokussiert. Ich habe mich von Woche zu Woche leiten lassen und abgewartet, was nun als nächstes passieren wird. Ich war bei jedem (der vielen) Kontrolltermine endlos glücklich, dass sich die beiden gut entwickeln. Und ich habe von jeder Woche ein Foto von mir und dem Babybauch, vor den ich Obst- oder Gemüse halte, das die Größe der Babys nachstellen sollte. Jede Woche habe ich mich wieder darüber gefreut, wenn beide eine neue Größe erreicht hatten.

Ich habe wenig darüber nachgedacht, was nach der Geburt auf mich und uns zukommen wird. Ich wusste aber recht schnell, dass ich gerne einen Geburtsvorbereitungskurs für Zwillingseltern besuchen möchte. Und diesen gab es glücklicherweise bei Dir und Jana in Berlin. Dort war ich erstmals mit anderen Zwillingsschwangeren umgeben und ich habe mich dort das erste mal so richtig verstanden gefühlt mit meinen Gedanken und Gefühlen rund um die Zwillingsschwangerschaft.

Welche Erwartungen / Vorstellungen hattest Du an Dein Leben als Mama, Dich als Mama, bevor die Kinder kamen?

Bevor die Babys auf der Welt waren, hatte ich die Erwartung, dass mein Leben eigentlich so weiter gehen würde, wie vorher. Ich hatte großen Respekt vor den ersten Wochen, aber für danach war ich mit einer sehr positiv gestimmten Grundhaltung ausgestattet. Rückblickend merke ich, dass ich mich  eher wenig auf all die Veränderungen, die ein Leben mit zwei Babys bringt, vorbereitet habe.

Wann und mit welchem Gewicht wurden Deine Zwillinge geboren?

Unsere Zwillinge kamen 37+0, also drei Wochen früher, mit einem super Gewicht auf die Welt. Sie wogen beide etwa 2.500 Gramm. Ich bin mir noch immer sehr bewusst darüber, welches Glück wir damit hatten.

Welche Erwartungen wurden bestätigt und welche Dinge haben Dich vollkommen überwältigt, kamen unerwartet?

Wenn ich über diese Frage etwas nachdenke, fällt mir auf, dass ich von sehr vielen Dingen wirklich überrascht war. Und zwar sowohl von den positiven – wie der überwältigenden Liebe-, wie auch von den herausfordernden Erfahrungen – wie den neuen Gefühlen und Anstrengungen -. Es gibt eine Situation, etwa zwei Wochen nach der Geburt: Ich lag lachend auf einem gerollten Handtuch auf dem Boden (was ich wegen meines Wochenflussstaus machen musste). Ich habe mit völliger Fassungslosigkeit zu meinem Mann gesagt: So krass hätte ich es mir nie vorstellen können.

Was waren / sind mit Zwillingen die für Dich größten Herausforderungen?

Für mich war es die größte Herausforderung, „alles mal zwei“ zu schaffen. Die neuen Aufgaben mit einem Baby waren für mich grundsätzlich machbar, aber die Frage wie es mit Zweien funktioniert, hat mich über Wochen und Monate begleitet. Im Alltag haben sich zig Fragen gestellt: Wie trage ich sie beide auf den Wickeltisch? Wie bekomme ich sie nachts (nach dem Kaiserschnitt) auf mein Stillkissen? Möchte ich den Schlaf synchronisieren? Wie schaffe ich es, die zwei so schnell anzuziehen für den Spaziergang im Winter, dass keine zu lange warten muss? Wie beruhige ich beide, wenn sie nicht im Kinderwagen liegen wollen (aber ihr Köpfchen noch nicht halten können und ich von dem Kaiserschnitt noch eingenommen bin)? Natürlich hatte ich immer wieder auch Unterstützung, aber den größten Teil des Alltags musste ich irgendwie allein organisieren. Das hat mich teils ziemlich herausgefordert, vor allem da es mir grundsätzlich wichtig ist, nicht von anderen Personen abhängig zu sein.

Welche Unterstützungsangebote haben Dir geholfen bzw. hättest Du Dir gewünscht?

In den ersten Wochen hatte ich die Unterstützung einer Mütterpflegerin, ohne die ich die Tage nicht annähernd so gut geschafft hätte. Die Essenslieferungen oder das Besorgen von gebrauchter Kinderkleidung durch die Großeltern haben uns sehr unterstützt. Geholfen haben mir der PEKIP-Kurs, in dem ich wöchentlich meine Fragen durch eine wunderbare Kursleiterin beantwortet bekam und mein Yoga-Kurs mit Baby, an dem ich einen sicheren Ort hatte und mit wuseligen Zwillingen immer willkommen war. Sehr wichtig war für mich der Austausch mit Freundinnen und Freunden, die eine ähnliche Einstellung zum Leben mit Babys haben. Und mit zwei anderen Zwillingsmamas hatte ich in der Zeit regen Kontakt über Sprachnachrichten, die mir mit einigen Ideen sehr geholfen haben.

Muttertät – wie uns die Mutterschaft verändert

Nach Deinen eigenen lebensverändernden Erfahrungen mit Beginn der Zwillingsschwangerschaft und im Leben mit Kindern, hast Du Dich intensiv mit dem Thema Persönlichkeitsveränderung durch Mutterschaft auseinandergesetzt. Das Ergebnis ist das Buch Muttertät (*Affiliatelink) – Wenn sich plötzlich alles anders anfühlt, welches Du gemeinsam mit Hanna Meyer geschrieben hast.

Muttertät- Cover ©mvgverlag
*Affilatelink

Was konkret hat Dich bzw. Euch dazu bewegt?

Hanna und ich waren beide in der Zeit nach der Geburt und den ersten Monaten mit den Babys überrascht von all den Veränderungen und den Herausforderungen. Viele Veränderungen laufen in dieser Zeit parallel und die Erfahrungen waren für uns nicht so, wie sie über ein teils stark idealisiertes Mutterbild gesellschaftlich vermittelt werden.

Wir haben uns in dieser Phase als frische Mamas mit unseren Erfahrungen teilweise sehr allein gefühlt und uns gefragt, ob es nur uns so geht? Wir haben uns persönlich viel ausgetauscht und dabei gemerkt, dass wir nicht alleine mit diesen Gedanken sind. Auf der Suche nach Erklärungen sind wir auf ein wissenschaftliches Konzept gestoßen, das uns wirklich sehr die Augen geöffnet hat: Matrescence bzw. auf Deutsch Muttertät.

Die Motivation zum Buch ist also zweierlei gelagert: Einerseits möchten wir unsere Erfahrungen aus dieser Zeit teilen, um anderen Müttern und Familien zu zeigen: niemand ist damit allein! Und zum anderen möchten wir aufklären, indem wir aus einer Kombination aus wissenschaftlicher Recherche, Umfragen und dem Einbezug der Expertinnen (Jana Friedrich und Tanja Heinrich) über diese Veränderungsphase im Leben einer Frau berichten.

Was kann man unter dem Begriff Muttertät verstehen?

Muttertät beschreibt die Übergangsphase, in der eine Frau zur Mutter wird. Der Begriff geht zurück auf das US-amerikanische Konzept Matrescence – in Ableitung aus Adolescence. Die Wissenschaftlerin Dana Raphael hat den Begriff geprägt, indem sie die besondere Phase im Leben einer Frau, in der sie zur Mutter wird,benennt und beschreibt. Damit sollte es leichter werden, die Phase als eine besondere Zeit zu verstehen, in der es zu Herausforderungen kommen kann.

Im deutschsprachigen Raum verbreiten sich die Bezeichnungen Matreszenz oder Muttertät. Die Begriffe zeigen auf, dass die Veränderungen beim Mutterwerden ähnlich umfangreich sind, wie in der Phase der Adoleszenz bzw. Pubertät. Selbst Veränderungen im Gehirn einer Frau können nach dem Mutterwerden sehr deutlich nachgewiesen werden. Mit der Bezugnahme auf Pubertät kann über die Veränderungen und Herausforderungen konkret gesprochen werden.

Welche Phasen der Muttertät hast Du bisher erlebt?

Erfahrungen in der Phase der Muttertät können sich auf verschiedenen Ebenen mit Veränderungen und Herausforderungen zeigen. „Meine Muttertät“ wurde durch zwei Faktoren verstärkt: Zwillinge und die pandemische Lage. Durch die Coronapandemie war ich – wie viele andere auch – sehr stark auf mich zurückgeworfen und teils ohne Austausch- oder Unterstützungsstrukturen. Für mich persönlich gab es Überraschungen hinsichtlicheiner erweiterten und intensivierten Gefühlsskala, wie bspw. neue und völlig überraschende Glücksgefühle oder auch Sorgen. Aspekte der beruflichen Säule meines Lebens sind ebenfalls sehr stark beeinflusst durch meine Mutterschaft.

Wissenschaftlich gibt es keine gesicherte Datenlage, wie lange die Phase der Muttertät andauern kann. Es wird oft von etwa zwei Jahren gesprochen. Und so ähnlich hat es sich für mich tatsächlich angefühlt. Nach etwa dieser Zeit habe ich mich wieder voll und ganz gefühlt wie „Ich“ – ergänzt um die neue wunderbare Rolle als Mutter!

Wie können wir als Gesellschaft Mütter auf diesem Weg gut begleiten?

Auf gesellschaftlicher Ebene gibt es eine enorme Relevanz, das bisher idealisierte Bild von Mutterschaft (und Elternschaft) differenzierter zu betrachten. Die Darstellung und das Narrativ von Müttern und Familien müssen sich grundlegend ändern. Aktuell beobachten wir hier erste Schritte und Veränderungen dahingehend, dass auch kritische Stimmen über Mutterschaft lauter werden dürfen – und zwar fernab davon, dass es gleichzeitig das größte Glück im Leben sein kann. Auch die Wertschätzung von Care-Arbeit oder eine tatsächliche Entwicklung hin zu gleichberechtigter Partnerschaft mit entsprechenden Veränderungen im beruflichen Kontext für beide Elternteile sind aktuelle Diskussions- und Lernfelder.

Auf individueller Eben, also bspw. in der Kernfamilie oder im sozialen Umfeld, ist eine Wertschätzung für die Erlebnisse und Erfahrungen von Müttern die Basis für eine gute Begleitung. Hier geht es also im ersten Schritt einmal darum zu fragen: Wie geht es dir?

Und natürlich sind die teils schon bestehenden Unterstützungsstrukturen wie Mütterpflege, Baby- und Familienkurse, Online-Communitys etc. relevante Pfeiler für die Zeit der Muttertät.

Was möchtet Ihr im besonderen Müttern mit auf den Weg geben?

Wir möchten Mütter, aber auch die Personen in ihrem Umfeld, mit unserem Buch und dem darin gesammelten Wissen sowie den Erzählungen von Müttern und Vätern unterstützen. Es soll sie darin bestärken, sich mehr Wohlwollen und mehr Verständnis entgegenzubringen in dieser Lebensphase. Ein Wissen um die möglichen Veränderungen und damit einhergehenden Herausforderungen kann unserer Ansicht nach sehr stark helfen, sich in der Phase des Mutterwerdens etwas aufgefangen zu fühlen. Durch die persönlichen Erfahrungen und die Berichte aus unseren Umfragen wird sehr deutlich: Niemand sollte sich damit allein fühlen müssen. Und durch das gebündelte Wissen kann man sich die neuen Erfahrungen viel besser erklären. Uns hätte es außerdem auch geholfen zu wissen, dass die größeren Wellen von Unsicherheit oder Irritation auch wieder ruhiger werden und zu einer Art von „Ende“ finden.

Liebe Svenja, was für ein elementar wichtiges Thema, dem Ihr Euch angenommen habt! Wir sind uns sicher, dass Ihr mit Eurem Buch viele Mütter in ihrer Metamorphose auffangt und dem „Gefühl des Veränderungsprozesses“ mit all seinen schönen und nicht schönen Seiten einen Namen gebt.

Gewinne 1x das Buch Muttertät – Wenn sich plötzlich alles anders anfühlt

Wir freuen uns sehr, dass wir dieses wunderbar erhellende Buch einmal verlosen dürfen!

Und hier sind die Teilnahmebedinungen:

Kommentiere was oder wer Dir in der Entwicklung von Frau zur Mutter besonders geholfen hat oder welches Thema vordergründig für Dich die größte Herausforderung bei der Metamorphose von Frau zur Mutter war und schon bist Du im Lostopf.

Die Verlosung beginnt am 21.03.2023 und endet am 24.03.2023 um 12:00 Uhr. Der oder die GewinnerIn wird mit der Bitte um eine Email an juhu@es-sind-zwei.de informiert. Sollten wir keine Rückmeldung via Email innerhalb von 5 Tagen von Dir erhalten, verlierst Du den Anspruch und wir losen neu aus.

Die Teilnahme ist kostenlos.

Teilnahmeberechtigt sind natürliche Personen, die Ihren Wohnsitz in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben und das 18. Lebensjahr vollendet haben

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Diese Aktion steht in keiner Verbindung zu Facebook und Instagram und wird in keiner Weise von Facebook oder Instagram gesponsert, unterstützt oder organisiert.

Viel Glück!

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1 Kommentar

  1. Vielen Dank für diese wichtigen Impulse!
    Ein vordergründiges Thema für mich in dieser Phase war (und ist) die Frage, wie ich den unterschiedlichen Rollen, die ich nun habe, einigermaßen gerecht werden kann, also nebst der Versorgung der beiden Zwillinge auch mir treu sein kann und die Erkenntnis, dass alle Emotionen erlaubt sind – bei uns allen.

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