Leben mit Zwillingen: Wie soll ich das schaffen?
denke ich, Inga, manchmal. Vielleicht kennst Du das auch? Falls ja, dann möchte ich heute diesen Beitrag mit Dir teilen. Möglicherweise holt er Dich gerade da ab, wo Du stehst, zeigt Dir, dass Du nicht alleine bist und Dir Wege auf.
Ich schreibe diesen Beitrag nach Tagen, nein Wochen, in denen ich gefühlt von Kindkrank zu Kinkrank laufe. In denen keine Zeit bleibt an sich zu denken, da es viele Bedürfnisse zu stillen gilt, Aufgaben zu erledigen sind, der Haushalt und Termine gemacht werden müssen, Arbeit muss erledigt werden und es bleibt kaum Luft um einmal durchzuatmen.
Ich vermute viele von uns kennen solche Phasen. Sie sind anstrengend und von Tag zu Tag steigt die Frage immer öfter auf: Wie soll ich das schaffen?
Und dann erinnere ich mich oft an einen Text aus einem Buch, welches mich seit der Kindheit begleitet und besonders im Leben als Zwillingsmama immer wieder bestärkt. Dieses Buch ist „Momo“ ein Buch von Michael Ende. Einige Zitate seiner Figur Beppo der Straßenkehrer, möchte ich hier aufgreifen und mit meinen Gedanken dazu ergänzen, denn wie ich finde beschreibt dieser sehr treffend die Situation, die ich und vielleicht auch Du kennen. Leben mit Zwillingen: Wie soll ich das schaffen?
„Manchmal hat man eine sehr, sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang, das kann man niemals schaffen, denkt man.“
Zwei Kinder gleichzeitig versorgen, ob nun die Zwillingsbabys oder größere Zwillingsrabauken. Zwei oder mehr Kinder die stillen, trinken, essen und spielen möchten, zwei oder mehr Kinder die versorgt werden wollen, zwei oder mehr Kinder, die in ihren Bedürfnissen aufgefangen werden wollen, Geschwisterstreit, Konkurrenz, Buhlen um Aufmerksamkeit, Hausaufgaben, Wäsche waschen, Notwendiges kaufen, Freizeitaktivitäten, Arzttermine planen, Hobbies planen, Partnerin sein, Mama sein,…die Liste wird nicht kürzer, sondern nicht selten länger.
„Und dann fängt man an, sich zu beeilen. Und man beeilt sich immer mehr. Und jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst. Und zum Schluss ist man ganz aus der Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem.“
Hören sich diese Worte von dem Autor Michael Ende bekannt für Dich an?
Du eilst und rennst, bedienst Bedürfnisse, versorgst, planst und kein Ende ist in Sicht? Keine Atempause? Beppo der Straßenkehrer aus dem Roman sagt:
„So darf man das nicht machen, Momo!“
Denn das ist Raubbau an uns selbst. Wir reiben uns auf, nehmen uns zu wenige Ruhephasen, eilen von ToDo zu ToDo, von Bedürfnis zu Bedürfnis und vergessen dabei ganz unsere eigenen Bedürfnisse und das Auftanken unserer Kraftreserven. Wir sehen, was es noch alles zu erledigen gilt, welche Aufgaben vor uns liegen und rennen, rennen, rennen um alles zu schaffen. Vielleicht versuchen wir uns Unterstützung zu holen, vielleicht haben wir einen Partner oder Partnerin, die versuchen so viel wie möglich zu entlasten und trotzdem kann es sein, dass wir vor lauter Aufgaben kein Licht am Ende sehen. Unsere Stimmung kippt dann immer öfter, der Ton wird lauter und die Nerven sind mehr und mehr gespannt.
Dies merken auch unsere Kinder und reagieren auf uns. Vielleicht sind sie selbst angespannter oder suchen mehr Nähe, mehr Aufmerksamkeit. Ihre kleinen Antennen sind sehr feinfühlig und sie merken, dass wir angespannt, gehetzt sind. Und dann kommt es wie es kommen muss, es gibt Ärger oder Streit. Was können wir tun, damit es nicht so kommt? Können wir dem vorbeugen?
„Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.“
Eine gar nicht abwegige Idee. Statt den Berg an Aufgaben der nächsten Tage und Wochen zu sehen, schauen wir auf den Moment, diesen Tag. Zum Beispiel könnten wir an jedem Abend die absolut notwendigen Aufgaben des nächsten Tages auf eine Liste oder Zettel schreiben. Sie untereinander aufteilen. Alle nicht zwingend notwendigen Termine schieben wir nach hinten.
Wir ergänzen diese Liste um die Dinge, die wir an diesem Tag ganz für uns brauchen. Ein Moment der Ruhe, ein Bad, ein Treffen mit Freunden, Schlaf, Tee, ein Buch, ein Spaziergang alleine und lassen uns Zeitfenster für Unvorhergesehenes. Wir kümmern uns im Interesse der Familie und uns selbst um uns selbst. Wir reduzieren den Berg an Aufgaben so, dass wir es bewältigen können. Damit können wir uns Druck nehmen. Wir versuchen nicht an morgen zu denken, sondern an heute, versuchen die Momente bewusster anzunehmen und auch einmal zu genießen bzw. mit Ruhe anzugehen.
Am Abend sehen wir uns dann an, was wir geschafft haben. Wir haken die Punkte auf der Liste ab oder schmeißen nach der Erledigung den Notizzettel weg und klopfen uns auf die Schulter für all das was wir geschafft haben.
Denn:
„Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein. Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie und man ist auch nicht aus der Puste. Und das ist wichtig.“
Denn wenn wir zurückschauen, dann verflieg die Zeit mit unseren Kindern so schnell. Es wäre doch schade, wenn wir diese nicht so bewusst und oft genießen wie es geht!
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